Schnuller, Nuggi und Sauger: wann damit aufhören?

Hier geht's um die Vermeidung von Schäden an Zähnen, das wichtigste Anliegen in der Kinderzahnmedizin!

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richard steffen
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Registriert: 31. Mai 2010, 21:41

Schnuller, Nuggi und Sauger: wann damit aufhören?

Beitrag von richard steffen »


Saugbedürfnis

Das Bedürfnis zu Saugen ist eines der elementarsten Bedürfnisse des Neugeborenen überhaupt. In den Tagen und Monaten des neuen Menschenlebens ordnet sich nahezu alles dieser intensiven Mutter- / Kind-«Kommunikation» unter. Aber nach und nach entwickeln sich Mutter und Kind aus dieser Beziehung heraus zu selbständigen, autonomen Wesen.
Nicht nur in der Kinderzahnmedizin ist es umstritten, wie lange dieses Bedürfnis andauern darf und wann wir hierbei von einem Habit, einer krankhaften Neigung oder Gewohnheit, sprechen. Die meisten chronisch pathologischen Angewohnheiten im Mund und Gesichtsraum von Kindern haben mehr oder weniger stark mit dem Saugreflex zu tun. Daumenlutschen, Gummisauger und Saugflaschen sind hier die am häufigsten zu findenden Gewohnheiten.
Besonders das Saugen an Trinkflaschen mit zuckerhaltigen Flüssigkeiten kann zu extremen Zahnschäden (Karies) führen. Dies aber oft bereits in einem Alter in welchem das Saugbedürfnis noch natürlich und notwendig ist.

Lutschen an Daumen und Saugern
Anders sieht es aus mit den Daumen- oder Saugerlutschen. Beides wird von Kindern oft bis weit ins Schulalter hinein benützt. Besonders das Daumenlutschen gilt als erheblich mit verursachend bei Zahn- und Kieferfehlstellungen. Hier hat sich auch eine mehr oder weniger einheitliche Linie durchgesetzt, wann Kinder mit diesem Habit aufhören sollten. Spätestens mit dem Beginn des Frontzahnwechsels, also dem Wackeln der unteren zentralen Milchschneidezähne sind hier geeignete Massnahmen angezeigt um diese Gewohnheit zu unterbinden.

Bei Kinderzahnärzten und Kieferorthopäden ist dieses Habit jedoch gefürchtet, sind Kinder welche diese Gewohnheit haben, häufig sehr therapieresistent. Weit häufiger als der Gebrauch des Daumens ist bei Kindern nahezu aller Kulturen auf der Welt irgend eine Art von Sauger. Den Nuggis, Schnullern und Saugern werden nachgesagt, dass sie Kleinkinder beruhigen und durch die Befriedigung des Saugreflexes diese glücklich machen. Nachgewiesen ist, dass sich durch den Gebrauch von Saugern das Risiko des Sudden Infant Death Syndrom (SIDS, «plötzlicher Kindstod») reduzieren lässt.
Als besonderes Risiko des Saugergebrauchs werden in der wissenschaftlichen Literatur ein bleibendes Saugbedürfnis, Zahnstellungsprobleme, eine erhöhte Rate von Mittelohrentzündungen und eine erhöhte, spezielle Unfallgefahr beschrieben. Bei extremen Fällen kann es zu Latexallergien, Zahnverlust oder Gewebeschäden im Mund kommen. Dies ist jedoch sehr selten.

Bis wann…?
Es wird als normal angesehen, dass Sauger vom 6. Monat bis zum Ende des zweiten Lebensjahres gebraucht werden dürfen. Für das Alter von zwei bis vier Jahren wird empfohlen, den Gebrauch der Sauger nach und nach zu reduzieren. Ab dem vierten Lebensjahr sollen die Eltern «erhebliche» Anstrengungen unternehmen ihren Kindern dieses Habit ab zu gewöhnen.

Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass starre Regeln über das Für und Wieder von Saugern oft mit der Realität nicht vereinbar sind. Der individuelle Entwicklungsstand des Kindes, der allgemeine Gesundheitszustand, der sozioökonomische Hintergrund der Eltern sowie so wie viele weitere persönliche Faktoren bestimmen entscheidend mit in welcher Lebenssituation sich ein Kind befindet. Es hat sich bewährt, die oben genannten Zeitintervalle kritisch nach diesen Faktoren zu hinterfragen. Kranke oder belastete Kinder können ohne weiteres noch mit 5 oder 6 Jahren ein tiefes Saugbedürfnis empfinden. Dagegen kann ein starkes Kind bereits sehr früh aus seiner behüteten Umgebung heraustreten und so bereits mit 3 oder 4 Jahren das «Stigma eines Nuggi» als Belastung empfinden.

Entwöhnungstipps
Es hat sich auch bewährt, in schwierigeren Fällen mit anderen Fachpersonen zusammen zu arbeiten. Möglicherweise liefert die Kinderärztin oder eine elternfremde Betreuung die Lösung eines Problems. Im Gegensatz zum Daumen ist es sehr selten, dass ein Sauger bis weit in die Wechselgebissphase (d.h. wenn alle Schneidezähne bereits gewechselt haben) hinein getragen wird, und damit sind auch die saugerinduzierten Auswirkungen (Fehlstellungen der Kiefer und Zähne, Fehlfunktionen der Weichteile) sehr viel geringer.
Ebenso ist die therapeutische Entwöhnung bei einem Saugerhabit in der Regel viel weniger invasiv als beim Daumenlutschen. Sehr selten braucht es hier Apparaturen, oft genügt ein therapeutisch optimiertes Verhaltensmanagement.

In wieweit eine neue Generation von Nuggis die oben erwähnten Nachteile beseitigen kann ist noch unklar! (Curaprox Nuggi= super flach; MOM Nuggi = sehr weich, bald im Coop Schweiz erhältlich). Im Zweifelsfall sollen Eltern mit ihrem Kinderzahnarzt oder der Kinderzahnärztin Kontakt aufnehmen.



Textverfasser: Richard Steffen, Hubertus van Waes



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